Tja und so bekommt man öfters etwas in die Hand gedrückt, was man mal eben reparieren soll. Manches ist hoffnungslos, anderes in 5 Minuten erledigt und wieder anderes ist schon ein wenig komplizierter.
So wie dieser Stuhl. Diesen habe ich zum Anlass genommen, auch mal einen Artikel über eine Reparatur zu schreiben. Zumal, ich bei dieser Reparatur fast nur auf Handwerkzeuge zurück gegriffen habe, kommt ja eher selten vor. Ich hatte aber einfach Lust dazu.
Dem "Patienten", gings es nicht mehr wirklich gut, eines seiner "Hüftgelenke" war gebrochen.
Beide Zapfenlöcher waren so gut wie komplett ausgebrochen, ...
...weiter hatte auch ein Zapfen Material lassen müssen ...
... und eine untere Strebe hatte einen Riss.
Theoretisch hätte das Stuhlbein neu gemusst. Das wäre mit einer Drechselbank vermutlich der geringste Aufwand gewesen.
Nur hab ich nicht und wie heißt es so schön, es gibt keine Probleme, nur Lösungen.
Also musste ich den Schaden irgendwie anders beheben.
Der einfachste Weg wäre es gewesen, den oberen Bereich abzusägen und einen neuen Vierkant dort anzusetzen. Nur das Stuhlbein ist eher filigran und es wäre nur Platz für einen 14er Domino oder dicken Runddübel gewesen. Ob das auf Dauer hält, da war ich mir unsicher.
Ich habe mich dann zu einer eher aufwendigeren Reparatur entschieden. Ob das jetzt ein Restaurator ähnlich gemacht hätte, weiß ich nicht. Aber nach meinem Dafürhalten und bestem Wissen und Gewissen :), ist das die stabilste Lösung die mir eingefallen ist.
Aber der Reihe nach!
Vor jeder Reparatur, steht die Demontage.
Sitzkissen entfernen ...
... und das Möbel soweit möglich zerlegen. Können Teile oder Einbaurichtungen vertauscht werden, markiere ich die Stellen.
Dann den Riss in der Strebe gerichtet.
Ich habe den Bereich durch verdrehen etwas aufgeweitet, dünnflüssigen Sekundenkleber von Titebond eingeträufelt und danach eine Zwinge angesetzt.
So das kleinste Problem ist gelöst, fühlte sich auch wieder recht belastbar an.
Als nächstes habe ich mich den Zapfen gewidmet. Da einer eh nicht mehr brauchbar war, kommen beide Weg und werden durch einen Domino Dübel in gleicher Stärke ersetzt.
Der Meßschieber sagt 10mm dick und knapp 25mm lang. Kein Problem, ein 10x50er Domino passt perfekt.
Die beiden bestehenden Zapfen habe ich abgesägt und die Fläche plan gehobelt.
Dabei kam auch seit langem wieder meine Stoßlade zum Einsatz.
Vor dem Einsatz aber nochmal den Winkel prüfen, aber noch alles im Lot.
Aber Vorsicht Falle, ein Ende hat keine 90°.
Das muss ich beim Hobeln und später beim Einfräsen des Dominos beachten.
Dazu habe ich den Winkel mit einer Schmiege abgegriffen und auf die DF-500 übertragen. Wie groß der Winkel genau ist, weiß ich nicht, interessiert auch nicht. Geht ja um Passgenauigkeit.
Leim dazu, Dominos rein und der Leim kann jetzt in Ruhe abbinden.
Jetzt kommt der schwierigste Teil, die Instandsetzung des Stuhlbeines.
Ich habe mich dazu entschieden, die beschädigten Bereiche partiell auszutauschen.
Dazu musste zuerst der Altbestand weg gestemmt werden.
Dabei möglichst alles im Rechten Winkel beiarbeiten, dann wird das anfertigen der Füllstücke einfacher.
Auch da war die Stoßlade wieder behilflich.
Ich habe am langen Teil angepasst, das lies sich leichter bearbeiten als ein kleines Stück.
Nachdem es möglichst perfekt passte, habe ich ein Stück mit etwas Übermaß abgesägt ...
... und eingeleimt.
Als Leim habe ich zu PU-Leim gegriffen. Ich habe zwar versucht möglichst sauber zu arbeiten, die Außenkanten sitzen auch satt auf, aber kleine Spalten können im Inneren trotzdem vorhanden sein und dafür ist PU-Leim ja perfekt geeignet.
Eine Ecke geflickt fehlt noch die zweite.
Das was weg muss, habe ich angezeichnet ...
... und den Bereich so weit es geht eingesägt.
Der Rest war dann wieder, wie siehe oben.
Zwischendurch musste ich immer mal wieder das Stemmeisen abziehen. Weichholz ist ja sehr zickig, was abgestumpfte Werkzeuge angeht und was nicht rasiert ist stumpf.
Die Narex sind ja nicht berühmt für ihren harten Stahl. Mir ist das aber ganz recht, dafür lassen sie sich einfach nachschärfen. Paar Züge genügen und die Schneide ist wieder frisch.
Den Grundschliff mache ich zwar immer noch mit der Veritas MK2, aber ein Schliff zwischendurch, bekomme ich mittlerweile auch gut frei Hand hin.
Der Zwischenstand mit Überstand.
Diesen habe ich abgesägt ...
... und mit dem kleinen Flachwinkler SBUS verputzt.
Der Klotz am Bein endete ja nicht eckig, auch wenn die Farbe der Ersatzstücke (noch) nicht passt, sollte wenigstens die Kontur stimmen.
Mit dem Stemmeisen und vorherigem Anzeichnen habe ich die Ecken beigearbeitet.
Passt schon recht gut.
Wie man weiß, Längsholz an Längsholz verleimt hält bombenfest. Hirnholz dagegen eher nur mäßig. Gut die Hälfte vom gesunden Holzbein musste ich ja entfernen und es ist nur Kiefer (dem Geruch beim Sägen nach zu urteilen). Ich hatte etwas bedenken, dass die alltägliche Belastung zu viel für die beiden noch bestehenden Reste sein könnte. Um das noch zu verstärken, habe ich noch zwei Dübelstangen eingesetzt.
Gut wenn man lange Bohrer hat.
Das Fähnchen am Bohrer zeigt das Erreichen der Bohrtiefe an, indem es die Späne wegwischt.
Leim ins Loch ( bei der Tiefe und da es ja ordentlich verleimt werden sollte, habe ich den Leim, wieder PU, mit einem langen dünnen Stab intern verteilt), Dübel dabei und trocknen lassen.
Kleine Anmerkung am Rande, der verwendete Bohrer ist ein sogenannter Schlangenbohrer.
Der hat eine Hauptschneide und ein Gewinde, welches ihn selbsttätig in das Holz zieht. Großartig Druck ist nicht nötig, eher im Gegenteil, man sollte aufpassen, dass er bei Sacklöchern sich nicht zu tief reinschraubt.
Daher immer nur langsame Drehzahl.
Ich habe schon Videos gesehen, da wurden Schlangenbohrer in der Tischbohrmaschine mit richtig Speed eingesetzt und der Mensch hat sich gewundert, warum das eher unkontrolliert von Statten ging.
Man kann zwar Schlangenbohrer in der TBM nutzen, dann sollte man aber entweder mit Gewindedurchmesser vorbohren , um dem Schlangenbohrer den eigenen Vortrieb zu nehmen oder das Gewinde ist abzuschleifen. Aber auch dann gilt, Drehzahl runter, die Schneide wird es danken.
Trotzdem ein Schlangenbohrer ist eher was für die Bohrwinde oder die handgeführte Maschine.
Zum Schluss fehlten noch die Dominofräsungen in das Stuhlbein.
In dem Fall Achtung, die Zarge springt etwas zurück, Abstand Fräser zur Kante muss abgeändert werden.
Trocken zusammen gesteckt, passt soweit.
Leim dran (wieder PU, diesmal aber mit langer offenen Zeit, soll ja keine Hektik ausbrechen) und alles mit Zwingen verpresst.
Das Stichmaß zeigte, ich muss noch 1mm rüber, deshalb die diagonal gesetzte DuoKlamp.
Vier Stunden später, alle Zwingen weg, herausgetretenden Leim abstechen und das Sitzkissen wieder drauf. Ich habe noch etwas Möbel-Hartöl von Natural aufgetragen, damit der Farbunterschied in den ersten Wochen nicht allzugroß rüberkommt. Aber paar Tage Sonnenlicht und die Kiefer dunkelt ratz fatz nach.
Fast wie original. :)
Toll geworden!
AntwortenLöschenUnd - wie immer interessant beschrieben. Danke dafür.
So ist das, wenn man intensives Holzwerken betreibt, irgendwann kommen die Reparaturen.
AntwortenLöschenSchön, dass Du zeigst, das diese genauso liebevoll auszuführen sind, wie der Bau eines Möbelstücks.
Gruß
Klasse Micha!
LöschenIch bewundere immer sehr, mit wieviel Liebe zum Detail Du selbst an so undankbare Aufgaben herangehst! Das Ergebnis ist - wie von Dir gewohnt - perfekt.
Tolle Arbeit und schöner Detailbericht.
Herzliche Grüße
Dirk.
Ja, die lieben Stühle aus Kiefernholz, die haben so Ihre Mucken, wenn sie älter werden. Schöner Bericht, interessante Vorgehensweise. Vielen Dank.
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